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Panorama Schulen in den USA

Mit Pistole am Pult. Lehrer dürfen aufrüsten

Clark Aposhian, Vorsitzender des „Utah Shooting Sport Council“ während eines Waffentrainings für Lehrer in Utah Clark Aposhian, Vorsitzender des „Utah Shooting Sport Council“ während eines Waffentrainings für Lehrer in Utah
Clark Aposhian, Vorsitzender des „Utah Shooting Sport Council“ während eines Waffentrainings für Lehrer in Utah
Quelle: picture-alliance/AP Photo
Zwei Jahre nach dem Amoklauf an der Sandy-Hook-Grundschule erlauben immer mehr US-Staaten, dass Lehrer oder Erzieher Waffen bei sich tragen. Die Waffenlobby fordert Schießerziehung auch für Schüler.

Als der psychisch kranke Adam Lanza am 14. Dezember 2012 an der Sandy-Hook-Grundschule in Newtown, Connecticut, insgesamt 27 Menschen erschoss, darunter 20 Kinder im Alter von sechs und sieben Jahren, war der Aufschrei in Amerika groß. Die Mehrheit der US-Bürger hatte genug von den anhaltenden Amokläufen an Schulen und forderte von der Politik strengere Waffengesetze. US-Präsident Barack Obama und dessen Vize Joe Biden setzten sich an die Spitze der Initiative und versprachen den Kauf von Revolvern und Pistolen besser zu kontrollieren. Kriegstaugliche Sturmgewehre wie Lanza eines benutzt hatte, sollten nach Überzeugung des White House ganz verboten werden.

Keine zwei Jahre nach dem schlimmsten Grundschul-Massaker in der Geschichte der USA ist die Debatte verstummt. Obama und Biden sind mit ihren Vorschlägen für eine bundesweite Verschärfung der laschen Gesetze weitestgehend gescheitert. Und das trotz der anhaltend hohen Opfer durch Waffengewalt und Unfälle im Umgang damit.

Die von New Yorks früherem Bürgermeister Michael Bloomberg gegründete Initiative „Everytown for Gun Safety“ (EfGS) zählt jedes Jahr mehr als 31.000 Menschen, die in den USA durch eine Kugel getötet werden, im Schnitt etwa 86 am Tag. 76 Schulschießereien hat es nach Newtown gegeben. Laut EfGS ist die Wahrscheinlichkeit, als Kindes in den USA durch eine Waffe getötet zu werden, „etwa 16 Mal so hoch wie für Kinder in anderen vergleichbar entwickelten Ländern“.

Lobby verhindert striktere Waffengesetze

Es war vor allem die mächtige Waffenlobby NRA mit ihren 4,3 Millionen schießenden Mitgliedern, die mit einer gigantischen Werbekampagne die Stimmung im Land wieder drehen konnte. War nach dem Newtown-Amoklauf noch die Mehrheit der Amerikaner für striktere Gesetze, ist es jetzt nur noch eine abnehmende Minderheit.

Einzig auf der Ebene der Bundesstaaten gab es in den 20 Monaten seit Newtown Bewegung. Nachdem Barack Obama im Kongress vor allem von den Republikanern aber auch von konservativen Demokraten mit seinen Vorschlägen geblockt wurde, überließ der Präsident den Gesetzesgebern in den Bundesstaaten die Initiative. Mehr als 1500 Vorschläge wurden dort bisher diskutiert, aber kaum mehr als 100 verabschiedet. Zwei Drittel davon machten den Erwerb von Waffen sogar noch einfacher.

Aber es gab auch Hoffnung: Colorado, New York und 19 andere Bundesstaaten schafften es dabei zumindest in Teilen, striktere Waffengesetze durchzusetzen. Und das trotz des erbitterten Widerstandes der NRA. In anderen traditionell waffenfreundlichen Bundesstaaten wie Texas, South Dakota, Ohio oder Arkansas dagegen scheiterten die Initiativen.

Schüler wissen nicht, ob Lehrer bewaffnet ist

Zuletzt mussten die Befürworter strikterer Gesetze allerdings in Missouri eine schwere Niederlage hinnehmen. Dort wurde in dieser Woche mit der Zweidrittelmehrheit der Republikaner im Senat ein Gesetz verabschiedet, das Lehrern an Schulen das verdeckte Tragen einer Waffe auch während des Unterrichts generell erlaubt. Die Schüler und auch die Eltern wissen dabei nicht, wer von den Erziehern bewaffnet ist und wer nicht.

Ein ähnliches Gesetz gilt auch in Utah. Erst am Donnerstag schoss sich eine Grundschullehrerin dort kurz vor Unterrichtsbeginn selbst ins Bein. Der Schuss hatte sich gelöst, als sie auf Toilette war. Die Frau kam ins Krankenhaus. Die Lehrerin hat eine Lizenz, Waffen zu tragen.

Das Schulboard von Missouri hatte bisher schon das Recht, bestimmten Lehrern vor allem in ländlichen Gebieten das Tragen einer Pistole zu erlauben. Dafür brauchten die Erzieher neben einem Waffenschein nur den Nachweis, dass sie auch mit einer Waffe umgehen konnten. Das neue Gesetz erweitert dieses Recht nicht nur auf den ganzen Bundesstaat. Die Lehrer können sich jetzt auch bei einem speziellen Training an der Waffe zu sogenannten „Schulschutzoffizieren“ ausbilden lassen.

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Der Gouverneur von Missouri, Jay Nixon, hatte gegen dieses Gesetz noch im vergangenen Juli sein Veto eingelegt. Mit der Zweidrittelmehrheit der Republikaner im Senat wurde der Demokrat jetzt aber überstimmt. Das Gesetz soll im kommenden Monat in Kraft treten. Es sieht neben der Schulinitiative vor, dass das Alter zum Kauf und Tragen von Waffen von 21 auf 19 Jahre gesenkt wird. Auch muss man seinen Revolver nicht mehr vor der Öffentlichkeit verstecken, sondern darf ihn offen in einem Pistolenhalfter tragen. Das gilt sogar in Städten, die das bisher strikt untersagt hatten.

Unterrichtsfach: Schießerziehung

Missouri gehört dabei zu insgesamt zehn Bundesstaaten, die ihre Waffengesetze seit dem Amoklauf von Newtown eher gelockert als verschärft haben. South Dakota war dabei der erste Staat, der seinen Lehrern generell erlaubte, Waffen in der Schule zu tragen. Sie mussten allerdings einen Waffenschein haben und ein Training absolvieren. Auch in Texas, Ohio oder Arkansas wurden entsprechende Initiativen verabschiedet. Allerdings wird hier von Schule zu Schule entschieden, ob Lehrer bewaffnet sein dürfen oder nicht.

Die Waffenlobby wird das neue Gesetz in Missouri mit Genugtuung sehen. Billy Johnson von der NRA hatte erst im Juli dieses Jahres in einer Videobotschaft auf YouTube vor allem für ein jüngeres Publikum die Bewaffnung nicht nur der Lehrer, sondern sogar der Schüler gefordert. „Everyone Gets a Gun“ (Jeder kriegt eine Waffe), hieß sein vier Minuten Clip, in dem er nicht weniger, sondern mehr Gewehre, Pistolen und Revolver forderte:

Außerdem warb Johnson für ein Unterrichtsfach Schießerziehung, wo jeder Pennäler den Umgang mit einer Waffe lernen müsse. Er wollte dafür sogar Noten geben und die Versetzung in die nächste Klasse vom Lernerfolg abhängig machen. „Eine Gesellschaft, die Waffen braucht“, so Johnsons Amerikabild, „muss schon die Kleinsten daran unterrichten.“

Die Initiative „Everytown for Gun Safety“ zeigte sich dagegen entsetzt über die Entscheidung in Missouri. „Das Gesetz ist gefährlich und wird nur von der Waffenlobby unterstützt“, kritisierte sie in einem schriftlichen Statement. „Lehrer, Schulbehörden, Polizei und Eltern lehnen es dagegen strikt ab“. EfGS, der sich mittlerweile mehr als zwei Millionen Bürgermeister, Polizisten, Lehrer, Waffenbesitzer und Mütter in den USA angeschlossen haben, kündigte Proteste gegen das Gesetz an.

Diskussion über minderjährige Schützen entbrannt

Nachdem ein 9-jähriges Mädchen bei einer Schießübung aus Versehen seinen Schießlehrer erschoss, wird bei Schießständen in den US-Staaten Nevada und Arizona die Minderjährigen-Politik überdacht.

Quelle: Zoomin.TV

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