Schilderwahn – Ma sott amol wiedr schwende!

Ma sott amol wiedr schwende!

Man sollte mal wieder schwenden.

Das Allgäu wird landschaftlich zum großen Teil durch den Wechsel von offenen Weideflächen und Wald  geprägt. Diese freien Weideflächen machen den Reiz unserer Landschaft aus. Genau jene Weideflächen müssen von Zeit zu Zeit „geschwendet“ *1) werden, damit sie frei bleiben! Sonst wachsen sie zu. Anstatt freier Sicht und Blumenwiesen würde ein dichtes, einengendes Fichtengestrüpp das Landschaftsbild bestimmen.  Nicht schön anzuschauen und ökologisch fast tot. Doch nicht nur der Fichtenwald sollte hin und wieder zurechtgestutzt werden, wenn wir unser freies, offenes Landschaftsbild erhalten wollten. Auch im Schilderwald sollte man von Zeit zu Zeit mal Hand und Säge anlegen.
In der letzten Zeit wuchert der Schilderwald in unserem Allgäu in immer größeren Ausmaß. Bikeverbotsschilder, Canyonigverbote, Kletterverbote, Parkscheinautomaten, Halteverbote und Skitourenlenkung. An etwas, was es im Straßenverkehr schon länger gibt, wollen wir uns im Gebirge nicht gewöhnen.  Auf der Fahrt zu unserer Tour sehen wir, dass Tempo 30-Schilder, Parkscheinautomaten und Halteverbotsschilder wie Giftpilze nach einem Sommerregen aus dem Boden schießen.

Nun beginnt der Schilderwald auch im Gebirge zu wuchern. Wenn wir nicht wollen, dass  unsere freie, offene Landschaft zuwächst, muss also ab und zu geschwendet werden. Um Buschwerk und Fichtengestrüpp kümmern sich unsere Alphirten. Danke dafür!

Wer aber schwendet von Zeit zu Zeit mal im Schilderwald? Es wäre nötig!

Eine Bergwiese im Hintersteiner Tal unterhalb der Baumgrenze. Wenn dort nicht hin und wieder geschwendet wird, wächst sie zu und wandelt sich zu einem düsteren, unfreundlichen Fichtengestrüpp. Der Charakter des Allgäus mit seinem Wechsel auf geschlossenen Wäldern und offenen, freien Weiden, ginge verloren. Ebenso die Biodiversität.
Hin und wieder nötig. Schwenden, damit nicht alles zuwuchert. Danke an die Bergbauern für diesen Beitrag zum Erhalt der Landschaft, wie wir sie schätzen.
Der Schilderwald wuchert. Wie Giftpilze nach einem Sommerregen schießen Verbotsschilder derzeit aus dem Boden. Auch hier „sott ma amol wiedr schwende“
Doch manchen ist selbst dieser Wildwuchs an Schildern noch nicht genug. Das Allgäu ist erst so richtig schön, wenn es mehr Schilder als Bäume gibt und der Gast sich ausschließlich als „nachhaltig gelenkter Konsument“ durch die Natur bewegt.
Nicht nur auf der Straße, auch im Gebirge wird der Schilderwald zu dicht.
Schilderwildwuchs. Ging Jahrzehnte auch ohne dieses Beschilderung. Weg damit
Muss man unsere Bergnatur mit so einem Scheißdreck zupflastern? Wenn die Hütte nur eingeschränkt nutzbar ist, so könnte man das Zelten im Nahbereich der Hütte gestatten. An naturverträglicher Stelle.
Corona  als Dünger für den Schilderwald. Es wird oft als Grund für immer teurere Parkplätze und mehr Lenkung angegeben. Diese Schilder sind zum Glück wieder verschwunden. Spätestens nach der Wahl in Deutschland wird hier wieder dicht sein. Lauterbach warnt bereits.
Wirklich nötig? Wegen einer kleinen Minderheit, welche über die Ausdauer und das technische Können verfügen, in den Häbeles Gund zu radeln
Forstautobahn Sonthofer Hoernle
Forstautobahn auf´s Sonthofer Hörnle. Zu was eine Straße bis zum Gipfel. Wollte man dort oben Ruhe haben, so hätte man sich die Straße und in Folge dessen auch das Schild sparen können.
Dank Sturmtief Sabine ist das Allgäu wieder ein Stück freier geworden. Am Grünten wurde ein Besucherlenkungsschild Opfer des Sturmes, in Wangen ein stationäres Blitzgerät am Straßenrand. Danke Sabine

Alpenverein – früher gegen einen Schilderwald- heute dafür.

Aus dem Jahresbericht der Sektion Allgäu-Immenstadt des Alpenvereins 1938. Damals nahm der Alpenverein gegen den Schilderwald in den Allgäuer Alpen Stellung, heute ist er eher für eine Besucherlenkung. Ganz interessant zudem. Bis in den März 1938 Reisen nach Österreich nur schwer möglich. Der Bergtourismus konzentrierte sich auf den schmalen, deutschen Alpenstreifen und führte dort zu Überlastungserscheinungen, denen man mit einem Schilderwald entgegen wirken wollte. Erinnert ein bisschen an den Winter 2021.

Sperrungen ohne Grundlage

Auch das war 2021 zu beobachten. Verbots- oder Gefahrenschilder die an der falschen Stelle oder ohne entsprechenden Grund aufgestellt waren. Wildschutztafel dort, wo gar kein Wildschutzgebiet ist, Warnungen wenn der Grund dafür längst hinfällig war.

Beides ist besonders fatal. Der Orts- oder Fachkundige ignoriert diese Schilder zurecht, weil er weiß, wo das Wildschutzgebiet wirklich beginnt oder weil eine Gefahr längst nicht mehr existiert. Andere sehen dass und lernen daraus, dass man die Beschilderung nicht ernst nehmen muss. Die Folgen können fatal sein. Genau so, wenn man Wildschutztafeln einfach umsetzt und sie dort aufstellt, wo gar kein Wildschutzgebiet ist, nur um lästige Touris fern zu halten.

Dieses Schild am Eingang des Gattertals wurde wohl geklaut und an dieser Stelle plaziert um Ortsunkundige daran zu hindern, dem Weg in das Gattertal zu begehen, obwohl dort gar kein Wald-Wild-Schongebiet ist. Solche gibt es abseits des Weges am Musberg und an den Kackenköpfen. Wer entsorgt den Schrott mal dezent im nächsten Tobel?

Kurz und knapp: Manchmal sind Schilder notwendig. Sie müssen dort stehen, wo sie hingehören und schleunigst entfernt werden, wenn der Grund dafür entfallen ist.

Notwendig und u.U. lebensrettend. Eine Sperrung wegen Lawinengefahr.Im Winter 2021 war es öfters zu beobachten, dass diese Schilder noch standen, wenn der Grund dafür entfallen war. So verlieren sie ihre notwendige, abschreckende Wirkung und werden nicht mehr ernst genommen. Möglicher Weise mit fatalen Folgen.

Fazit:

Nicht jedes Schild ist übrig, genau so wenig, wie jede nicht mehr genutzte Wiese zwanghaft baumfrei gehalten werden muss. Auf ein gesundes Mittelmaß kommt es an. Unsere Bauern und Alphirten leisten einen wertvollen Beitrag zum Erhalt des allgäuer Landschaftsbild, so wie wir es kennen und lieben. Wer aber erhält uns einen freien, kostengünstigen Zugang  in die Bergnatur und bekämpft den wuchernden Schilderwald? Ist das Allgäu erst so richtig schön, wenn es mehr Schilder als Berge gibt?

  • 1) Als schwenden bezeichnet man im regionalen Dialekt das frei halten von Wiesen und Weideflächen von störendem Buschwerk und Wald. Es muss regelmäßig gemacht werden, da die betroffen Flächen unter der Waldgrenze  sonst zuwachsen würden.

7 Kommentare zu „Schilderwahn – Ma sott amol wiedr schwende!“

  1. Uneingeschränkte Zustimmung – wo viele andere Gleichgesinnte längst resigniert die Schultern zucken…

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  2. Seit wann steht denn das Fahrrad-Verbotsschild zum Häbelesgund??
    Ich war im Juni zweimal oben und habe nichts gesehen.
    Da legen sie Schotterpisten mitten durch Naturschutzgebiete aber Radler sollen nicht darauf fahren dürfen. Absurd.

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    1. War nach Jahren mal wieder auf der Rotpitze über Häbelesgrund. Dieser Schotterweg ist ein massiver Eingriff in die Bergnatur und eine Plage für den Wanderer und sollte in solch einer Gegend tabu sein.

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  3. Leider ist dem nicht viel hinzuzufügen. War am Sonntag in der südlichsten Gemeinde Deutschlands zum radeln … die haben mittlerweile mehr Verbotsschilder als Wegweiser. Überall „tu dies nicht, und das ist auch verboten“ … neue Schilder gegen MTBler finden sich nun auch 2x am Rautweg. Und alle Schilder mit der Aufschrift „Allgäuer Hochalpen“ wurden erneuert und ein „Radfahren verboten“ Zeichen wurde extra hinzugefügt … auch in der Gemeinde des hinteren Steins zu finden … da fällt einem einfach nix mehr ein, außer die Dinger zu ignorieren.

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  4. Ich denke, man muss verstehen in welchem Zusammenhang die Entwicklung steht und erlaube mir einen kleinen, vielleicht etwas emotionalen Exkurs. Man möge mich korrigieren wenn ich falsch liege:

    Das Monster Eusalp / Europäische Alpenstrategie – Framing in Vollendung.

    https://www.alpine-region.eu/
    https://www.stmuv.bayern.de/ministerium/eu/makroregionale/alpenstrategie.htm

    Der Wahnsinn, überall Schotterwege anzulegen und jede noch so abgelegene Hütte Quad- gerecht anzubinden, der Schilderwald, Lenkung, Ranger, große Beutegreifer, Maskenpflicht auf dem E5 :-)) etc sind nur der Anfang des Ziels die alpinen Regionen besser an die Naherholungssuchenden Metropolen wie München, Mailand, Stuttgart anzubinden.

    Die EU arbeitet mt Nachdruck an der „Entwicklung“ der rückständigen Provinzen und ihrer Bewohner in der Alpen.

    Die EU schnürt das Korsett langsam enger und enger. Die Folgen können vor Ort studiert werden. Mehr Besucher und damit mehr Einschränkungen. Um das zu erreichen, bedient sie sich mittels Fördergeldern der willigen Helfer (=wirtschaftliche Nutzniesser) vor Ort.

    Wir bezahlen aus Steuermitteln so unsere Hinrichtung selbst und die Daseinsberechtigung der Verwaltungsbürokraten gleich mit.

    Der Rest der Alpenregionsbewohner wird sich fügen müssen. Was früher der Wilderer, wird in Zukunft derjenige sein, der es sich nicht verbieten lässt sich in seiner Heimat frei zu bewegen. Und dafür entsprechend bezahlen.

    Er wurde schliesslich vorher durch Schilder gewarnt sein Verhalten anzupassen.

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